Teil 2
“Ein Psychiater ist ein Mann, der sich keine Sorgen zu machen braucht, solange andere Menschen sich welche machen.”
- Karl Kraus -
Neulich lief ich wie jeden Abend über die Station und machte meinen Rundgang. Wie üblich kontrollierte ich ob alle Computer runtergefahren, die Terrassentüren, sowie Behandlungsräume verschlossen waren.
Plötzlich hörte ich aus der Sitzecke ein Schluchzen. Erst leise, dann immer deutlicher. Es klang sehr verzweifelt.
Ich ging der Stimme nach und fand einen Patienten in der Fernsehecke sitzend. Grübelnd und schluchzend. Ich begrüßte den Patienten. Er schaute mich an. Sein Blick war leer und regungslos.
Meine Gedanken überschlugen sich. Ich dachte nur “Mist, was sage ich bloß als erstes was sich in so einer Situation nicht völlig bescheuert anhört. Hoffentlich gelingt es mir ihn zu beruhigen.”
Der Mann starrte mich mit leeren Augen an und sagte: “Es ist alles zu viel”.
Ich fragte ihn: “Darf ich mich zu Ihnen zu setzen und Sie erzählen mir, was genau alles zu viel ist?”.
Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus das er beruflich stark eingespannt ist, Überstunden die Regel sind, seine Frau die Scheidung eingereicht hat, die Kinder keinen Kontakt möchten und ihm vorwerfen kein guter Vater zu sein.
Sein soziales Netzwerk sowie Hobbys hat er auch vernachlässigt und kaum noch die Zeit findet gefunden, seinen an Demenz erkrankten Vater zu besuchen.
Aktueller Auslöser seiner Krise war folgendes:
Sein ältester Sohn ist ausgezogen und schmiss eine Einweihungsparty. Die ganze Familie war da. Er wurde nicht eingeladen.
Der Sohn sagte ihm: “Du hattest nie wirklich Zeit und Anteil an den wichtigen Dingen in meinem Leben”.
“Das hatte gesessen” beschrieb der Patient den Moment. Er erinnerte sich noch genau an den Schmerz.
Es fühlte sich wie ein Faustschlag in der Magengrube an. Als er zusätzlich über Social Media die Fotos mit den lachenden Gesichtern seiner Familie sah, zog ihm das den Boden unter den Füßen weg. Das war der Moment, an dem er in ein Loch fiel und nicht mehr weiter wusste.
In diesem Blogartikel gehen wir der Sache auf den Grund:
Wieso werden Menschen eigentlich depressiv?
Inhaltsverzeichnis
Wieso werden wir depressiv?
Aspekte die zur Entstehung einer Depression führen.
Wieso werden wir überhaupt depressiv?
Eine Depression entsteht oft aus dem Zusammenwirken von mehreren Faktoren. Dies wird in den Erzählungen des Patienten sehr deutlich.
Oft ist es ein Zusammenspiel aus körperlichen, psychischen und sozialen Bereichen. Zusätzlich kann eine familiäre Disposition, sprich eine genetische Veranlagung eine Depression begünstigen. Welche Rolle erbliche und umweltbedingte Faktoren spielen, ist individuell und im Einzelfall unterschiedlich.
Depressive Menschen haben durch verschiedene Faktoren eine geringere Toleranz gegenüber seelischen, körperlichen und sozialen Belastungsfaktoren. In der klinischen Psychologie verwendet man den Ausdruck: “Vulnerabilität” dafür.
Diese Verletzlichkeit beschreibt die individuelle Anfälligkeit eines Menschen, eine psychische Erkrankung zu erleiden.
Bei erhöhter Vulnerabilität reichen bereits geringe aktuelle oder chronische Belastungen aus, um einen Depressionsausbruch hervorzurufen, während bei geringer Vulnerabilität die Belastung umfangreicher sein muss.
Diese persönliche Veranlagung kann vererbt oder durch ungünstige Lernerfahrungen aus Familie, Erziehung und Ursachen wie ein Traumata oder emotionale Vernachlässigung entstehen.
Folgende Aspekte spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung einer Depression:
Soziale Aspekte:
Veränderte Lebensumstände: Lebensereignisse mit Verlusten, Mobbing, Arbeitslosigkeit, familiäre Konflikte, anhaltender Stress
Erlernte Hilfslosigkeit: Überzeugung nicht fähig zu sein, die eigene Lebenssituation zu verändern und Selbstverantwortung zu übernehmen. Ursachen werden als persönlich, allgegenwärtig und unveränderlich eingeschätzt.
Kognitive Schemata: Dysfunktionale Muster wie Informationen verarbeitet werden. Depressive Triade: Die wahrgenommene Realität zur eigenen Person, der Welt, sowie Zukunft wird negativ verzerrt.
Biologische Aspekte:
Genetische Disposition: Eine Depression ist nicht direkt vererbbar. Jedoch kommt es in Familien zu generationsbedingten Häufungen.
Neurobiologische Aspekte: Stoffwechsel- und Funktionsstörungen im Gehirn. Zum Beispiel sind die Botenstoffe Serotonin und Noradrenalin im Ungleichgewicht.
Hormonhaushalt und Schwangerschaft: Postpartale Depression durch ein Ungleichgewicht von Schilddrüsenhormonen, Progesteron, sowie Östrogen.
Drogen und Medikamente: Depressive Störung durch die Einnahme oder das Absetzen.
Jahreszeit: Winterdepression durch jahreszeitliche Schwankungen des Sonnenlicht und Vitamin B Produktion.
Geht der Depression ein Ereignis voraus, spricht man von einer reaktiven Depression. Sind keine Auslöser vorhanden, spricht man von einer endogenen Depression.
Wichtig ist jedoch: eine Depression ist kein Ausdruck von Schwäche oder ein eigener Fehler. Die Symptome die der Betroffene spürt, sind Ausdruck der Krankheit.
Kurzfragebogen zur Schnellerkennung einer depressiven Verstimmung:
Die Autorin
Nadège B. Tebiro - Dipl. Psychologische Beraterin & Dipl. Gesundheitscoach. Sie zeigt Frauen und Jugendlichen, wie man stressfreier durchs Leben kommt. Ihr Lebenselixier ist lachen, fetzige Musik, gepaart mit Weingummi und Schokolade!
2021 gründete sie den Female Health Club. Eine Health & Lifestyle Community rund um die Themen körperliche und mentale Gesundheit.
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